Polen: Revolution bei der Erstellung und Einreichung von Jahresabschlüssen durch Handelsgesellschaften

Hintergrund
Seit Oktober 2018 sind polnische Handelsgesellschaften verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse und Lageberichte ausschließlich elektronisch einzureichen. Damit begann die erste Phase der Digitalisierung von Registerverfahren in Polen. In einem weiteren Schritt wird endgültig Abschied vom Papierformular genommen. Ab September 2020 werden Änderungen der im Unternehmensregister eingetragenen Tatsachen oder die Anmeldung der Gesellschaft komplett elektronisch abgewickelt. Neue Anforderungen im Bereich der Rechnungslegung betreffen alle Geschäftsführer und Vorstandmitglieder, einschließlich Ausländer.

Jahresabschluss nur mit eletronischer Signatur
Jahresabschlüsse und Lageberichte, die nach dem 01.10.2018 erstellt werden, müssen elektronisch erstellt und mit qualifizierter elektronischer Signatur oder der sogenannten ePUAP-Signatur versehen werden. Dabei handelt es sich um eine kostenlose Signatur, die über das sog. ePUAP-Vertrauensprofil bestätigt wird und vor allem der Kommunikation mit den Verwaltungsbehörden in Polen dient. Für eine wirksame Einreichung sind die Dokumente von allen Geschäftsführern bzw. Vorstandsmitgliedern (bzw. Gesellschaftern bei Personengesellschaften) elektronisch zu unterschreiben. Der Jahresabschluss muss zudem nach der durch das polnische Finanzministerium vorgegebenen logischen Struktur und im bereitgestellten Format erstellt werden.

Nicht betroffen von der Pflicht zur elektronischen Erstellung sind zur Zeit Beschlüsse zur Feststellung des Jahresabschlusses und zur Gewinnverteilung bzw. Verlustabdeckung, die nach wie vor in Papierform erstellt werden.

Was ist bei der Rechenschaftslegung zu beachten?
Für eine wirksame Abgabe des Jahresabschlusses und des Lageberichts hat jeder Geschäftsführer bzw. Vorstand (Gesellschafter) einer in Polen ansässigen Gesellschaft über eine qualifizierte elektronische Signatur oder die sog. ePUAP-Signatur zu verfügen. Die Letztere kann allerdings nur von einer Person beantragt werden, die über eine PESEL-Nummer (polnische Personenkennzahl) verfügt. Für die Beantragung einer qualifizierten elektronischen Signatur bei einem polnischen Anbieter ist die PESEL-Nummer hingegen nicht erforderlich. Ein qualifiziertes Zertifikat für die elektronische Signatur kann darüber hinaus bei einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Vertrauensdiensteanbieter beantragt werden, wenn dieser in der Vertrauensliste der Europäischen Kommission (https://webgate.ec.europa.eu/tl-browser/#/) aufgeführt ist. Ein im EU-Ausland ausgestelltes qualifiziertes Zertifikat wird dann durch polnische Gerichte anerkannt.

Keine Einreichung des Jahresabschlusses beim Finanzamt mehr erforderlich
Seit dem 01.10. 2018 müssen Finanzunterlagen nicht mehr beim Finanzamt eingereicht werden. Das zuständige Registergericht wird den Jahresabschluss automatisch an das Zentrale Steuerdaten-Register weiterleiten.

Autor: Marcin Śledzikowski