Deutschland: Chancen und Risiken bei der Anmeldung von Farbmarken

„Farbmarken“: Rückblick und Ausblick
Die Frage, ob konturlose und somit abstrakte Farbmarken eintragungsfähig sind, hat in der Vergangenheit wiederholt nicht nur die deutschen Gerichte, sondern auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigt. Allein im Jahr 2013 sind drei wichtige Entscheidungen verschiedener Markensenate des Bundespatentgerichts (BPatG) ergangen. Bei allen drei Verfahren sind die Marken zunächst eingetragen worden und waren dann Gegenstand von Löschungsverfahren, die durch Konkurrenten eingeleitet worden sind.

Das BPatG hat von den drei eingetragenen konturlosen Farbmarken letztendlich nur die vom Langenscheidt-Verlag eingetragene Farbmarke "Gelb HKS 5" für "zweisprachige Wörterbücher in Printform“ für eintragungsfähig gehalten.

Die für den deutschen Sparkassen- und Giroverband e. V. eingetragene Farbmarke "Rot", die für diverse Finanzdienstleistungen geschützt war, und die für die Beiersdorf AG eingetragene Farbmarke "NIVEA-Blau" (Farbton Pantone 280 C) für "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, nämlich Haut- und Körperpflegeprodukte", hat das BPatG hingegen für nicht eintragungsfähig erachtet und den Löschungsanträgen in beiden Verfahren stattgegeben.

Die „Sparkassen-Rot“ Entscheidung liegt derzeit dem EuGH zur Entscheidung vor, während sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Rechtsbeschwerde in Sachen "NIVEA-Blau" befasst.

Dies gibt Anlass, sich mit der Frage der Bedeutung von konturlosen Farbmarken und deren Chancen für eine Registrierung genauer zu befassen. Denn bei einer erfolgreichen Eintragung einer konturlosen Farbmarke hat der Markeninhaber eine sehr starke Rechtsposition zur Verteidigung seiner Farbe für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen.

Möglichkeit der Registrierung abstrakter Farbmarken

Unterscheidungskraft
Nach § 3 Abs. 1 Markengesetz (MarkenG) können auch Farben und Farbzusammenstellungen als Marken geschützt werden, wenn sie geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Farbton auf die konkreten Dienstleistungen oder Waren und damit auf die Marken hinweist und nicht lediglich als Herkunftshinweis und somit Unternehmenskennzeichen verstanden wird.

Problematisch ist, dass in der Regel rein abstrakten und konturlosen Farbmarken eine hinreichende Unterscheidungskraft nicht zukommt, da die angesprochenen Verkehrskreise eine Farbe gewöhnlich nur als bloßes Gestaltungsmittel ansehen, nicht aber als Hinweis auf konkrete Waren oder Dienstleistungen.

Eine generelle Unterscheidungskraft von Farbmarken wird daher nur unter bestimmten engen Voraussetzungen angenommen werden können. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine Marke nur für eine beschränkte Anzahl von Waren oder Dienstleistungen angemeldet wird und es sich darüber hinaus um einen sehr spezifischen Markt handelt, auf dem die Waren oder Dienstleistungen angeboten werden.

Darüber hinaus dürfen abstrakte Farbmarken nicht zur Bezeichnung von Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen. Dies ist z.B. der Fall bei Symbol-Farben (Blau für Wasser), Naturfarben (Gelb für Zitronensaft) oder sachbezogene Angaben (Rot für Innenputz).

Verkehrsdurchsetzung
Liegt nach diesen Kriterien eine Unterscheidungskraft nicht vor, müssen die abstrakten Farbmarken eine generelle Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG für sich reklamieren können, um als Farbmarke eintragungsfähig zu sein. An das Vorliegen einer Verkehrsdurchsetzung im Sinne dieser Regelung werden sehr strenge Anforderungen gestellt, wobei die Rechtsprechung nicht einheitlich ist.

In seiner „Chiemsee“-Entscheidung hat der EuGH zwar feste Prozentsätze zum Nachweis der Verkehrsgeltung abgelehnt und hervorgehoben, dass u.a. der Marktanteil, der Werbeaufwand und die Medienpräsenz entscheidend sei. Allerdings hat der EuGH klargestellt, dass die nationalen Gerichte für die Frage des Vorliegens einer Verkehrsdurchsetzung generell im Einzelfall zuständig seien, so dass es letztendlich auf die Tendenzen in der deutschen Rechtsprechung ankommt.

Nach der deutschen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts (BPatG) wird hingegen neben anderen Kriterien in erster Linie die Vorlage eines demoskopischen Gutachtens zum Nachweis der Verkehrsdurchsetzung gefordert. Der Nachweis der Verkehrsgeltung wird dann zugelassen, wenn ein bestimmter Prozentsatz durch die Befragungen nachweislich erreicht worden ist, der nach ständiger Rechtsprechung des BPatG allerdings weit über 50 % liegen muss. Bei diesen Endverbraucherbefragungen ist es aber häufig problematisch, auch tatsächlich den Nachweis zu erhalten, dass die angesprochenen Verkehrskreise eine bestimmte Farbe als Hinweis auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen auffassen.

Entscheidend ist nach der Rechtsprechung, sowohl des BPatG als auch des BGH, des Weiteren, ob es sich um einen "spezifischen Markt" handelt und auf diesem Markt ggf. die Verwendung von Farben generell unüblich ist oder die konkrete Farbe als äußerst ungewöhnlich angesehen werden kann. Im Übrigen müsse für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung eine markenmäßige durchgehende Benutzung der Farbmarke erfolgt sein. Ergänzend kommt es bei der Bestimmung der Feststellung der Verkehrsgeltung auf die Umstände des Einzelfalls an.

Im Wesentlichen sind nachfolgende Kriterien von der Rechtsprechung als entscheidungsentscheidend erachtet worden:

  • Art der Farbe;
  • Art der beanspruchten Waren und Dienstleistungen;
  • Kennzeichnungsgewohnheiten im entsprechenden Marktsegment;
  • Konkrete Art der Verwendung;
  • Erreichen eines bestimmten Marktanteils (weit mehr als 50 % Verkehrsdurchsetzung);
  • Vorliegen eines spezifischen Marktes, auf dem der Einsatz reiner Farbmarken ungewöhnlich ist;
  • Markenmäßige Benutzung der Farbmarke.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist z.B. als deutsche Marke für die Deutsche Telekom AG die Farbe „Magenta“ für verschiedene Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Telekommunikation wie folgt eingetragen:

 

Für diverse Waren im Zusammenhang mit Branchenfernsprechbüchern (Gelbe Seiten) ist die nachfolgende konturlose Farbmarke „Gelb“ für die Gelbe Seiten Zeichen-GbR registriert:

 

Des Weiteren hat sich die Kraft Fonds Schweiz Holding GmbH die Milka-Farbe „lila“ für „Schokoladenwaren“ erfolgreich als deutsche Marke schützen lassen:

 

Aktuelle Farbmarkenentscheidungen des Bundespatentgerichts

Entscheidung "Sparkasse-Rot (HKS 13)"

Nachdem der Deutsche Sparkassen- und Giroverband e. V. eine Verkehrsdurchsetzung von 67,9 % auf der Grundlage eines dementsprechenden demoskopischen Gutachtens beweisen konnte, ist die Marke im Februar 2002 für diverse Finanzdienstleistungen zur Eintragung gelangt.

Im Rahmen der Löschungsklage hat das Bundespatentgericht insbesondere nachfolgende Kriterien als entscheidungserheblich angesehen, die schließlich zur Löschung der Marke geführt haben:

  • Es bedürfe eines besonders aussagekräftigen Nachweises für die Verkehrsdurchsetzung der Farbmarke "Rot" für Finanzdienstleistungen;
  • Der Verkehr sei besonders aufmerksam und achte auf schriftliche Informationen, so dass die Auswahlentscheidung in der Regel nicht aufgrund der Farbe erfolge;
  • Trotz des erheblichen Marktanteils und des erheblichen Werbeaufwandes bezögen sich die Werbemaßnahmen nicht allein auf den Farbton "Rot", sondern überwiegend auf die Kombination mit den Zeichen "Sparkasse" oder "Sparkassen-S";
  • Insgesamt bleibe unklar, ob die Verbraucher den Farbton "Rot" tatsächlich als sicheren Hinweis auf die konkreten Dienstleistungen und damit als Marke oder nur als Hinweis auf das Unternehmen und damit als Unternehmenskennzeichen verstehen.

Dem Senat reichte daher eine Durchsetzungskraft von über 60 % nicht aus, gefordert wurde ein Wert von 2/3.

Entscheidung "NIVEA-Blau (Pantone 280 C)"

 

Das Bundespatentgericht hat die Entscheidung des DPMA bestätigt, dass die von der Beiersdorf AG eingetragene Farbmarke "Blau", welche für die NIVEA-Produkte des Konzerns seit Jahrzehnten eingesetzt wird, zu löschen ist, und zwar aus nachfolgenden Erwägungen heraus:

  • Weder im Eintragungszeitpunkt (2007), noch im Zeitpunkt der Entscheidung (März 2013) habe die Farbmarke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft für sich reklamieren können;
  • Bei dem betreffenden Markt der Haut- und Körperpflegeprodukte handele es sich zwar um einen "spezifischen Markt"; die Verwendung von Farben in diesem Markt sei aber üblich;
  • Die Farbe "Blau" sei nicht ungewöhnlich und werde häufig zu Dekorationszwecken genutzt;
  • Bei der Verwendung der Farbe "Blau" handele es sich um eine Art „Sachhinweis“ für Herrenprodukte oder für Nachtpflege-Produkte;
  • Im Übrigen fehle es an einer markenmäßigen Nutzung der blauen Farbe. Denn diese werde in der Regel nur als dekorativer Hintergrund zusammen mit dem bekannten Schriftzug "NIVEA" genutzt und nur im Zusammenhang mit der Farbe "Weiß" im Schriftzug;

 

  • Schließlich komme das demoskopische Gutachten nur zu einem durchschnittlichen Bekanntheitsgrad von 55 %.

Entscheidung "Langenscheidt-Gelb (HKS 5)"

Die Farbmarke "Gelb", die vom Langenscheidt-Verlag für "zweisprachige Wörterbücher in Printform" als Farbmarke eingetragen worden ist, hat demgegenüber weiter Bestand.

Dies hat das BPatG wie folgt begründet:

  • Zwar habe die Farbmarke "Gelb" gleichfalls keine Unterscheidungskraft. Jedoch habe sie sich bereits vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Eintragung infolge ihrer Benutzung für zweisprachige Wörterbücher in Printform bei den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt;
  • Der Verlag habe einen Marktanteil von 60 % für zweisprachige Wörterbücher, in den vergangenen elf Jahren seit Eintragung seien insgesamt 21,4 Millionen zweisprachige Wörterbücher verkauft worden und der jährliche Werbeaufwand in den acht Jahren vor Eintragung liege bei rund 1,4 Millionen;
  • Für unbeachtlich hat das Bundespatentgericht das Argument der Antragstellerin gehalten, dass zusätzlich auch der blaue Buchstabe "L" und die Wortmarke "Langenscheidt" zusammen mit der Farbmarke verwendet werde. Denn der Verkehr nehme in der Branche der Druckereierzeugnisse verschiedene gleichzeitig verwendete Zeichen wie Farben und Worte jeweils als selbstständige Marken wahr. Daher könne durchaus allein die Farbe „Gelb“ als selbständige Marke angesehen werden;
  • Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass zweisprachige Wörterbücher nicht zu den Gegenständen des täglichen Bedarfs zählen;
  • Nur rein ergänzend hat das BPatG das demoskopische Gutachten herangezogen, das zu dem Ergebnis kam, es liege eine Verkehrsdurchsetzung von 66 % vor.

Ausblick
Da abstrakte konturlose Farbmarken in der Regel keine Unterscheidungskraft für sich reklamieren können, weil ein Hinweis auf Waren und Dienstleistungen nur in Ausnahmefällen zu erbringen sein wird, kommt es in der Regel in jedem Einzelfall darauf an, ob eine hinreichende Verkehrsgeltung innerhalb der betreffenden Verkehrskreise nachgewiesen werden kann.

Während das BPatG neben Kriterien wie Art der Farbe, Kennzeichnungsgewohnheiten, spezifischer Markt und konkrete Verwendung in erster Linie auch den anhand der Marktforschungsgutachten ermittelten Prozentsätze eine erhebliche Bedeutung beimisst, ist die Berücksichtigung eines gutachterlich ermittelten Prozentsatzes nach Auffassung des BGH und des EuGH nicht entscheidend. Der BGH hat bei den vergleichbaren glatt beschreibenden Wörtern in der POST II-Entscheidung sogar ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine prozentual belegte Verkehrsdurchsetzung gerade nicht so hoch angesiedelt werden dürfen, dass hierdurch eine Verkehrsdurchsetzung in der Praxis quasi ausgeschlossen ist.

Solange der BGH oder der EuGH der derzeitigen Entscheidungspraxis des BPatG, welche strenge Anforderungen an den Grad der Verkehrsdurchsetzung anlegt, nicht entgegentreten, wird es auch künftig auf eine hohe prozentuale Mindestgrenze ankommen.

Als positiv zu bewerten ist die Tatsache, dass in der Langenscheidt-Gelb-Entscheidung überwiegend auf andere Kriterien zur Begründung der Verkehrsdurchsetzung abgestellt worden ist und nur ergänzend die Ergebnisse des demoskopischen Gutachtens zur Begründung herangezogen worden sind. Diese Bewertungspraxis hat sich bisher nur in wenigen anderen Entscheidungen wiedergefunden.

Praxistipp
Bei Eintragung einer konturlosen Farbmarke sollten daher zwingend die nachfolgenden Kriterien berücksichtigt werden:

  • Prüfung, ob es sich um einen spezifischen Markt handelt, auf dem die Farbmarke zum Einsatz gelangt;
  • Möglichkeiten, eine dekorative Verwendung der Farbmarke auszuschließen;
  • Zusammenstellung von Nachweisen der fortlaufenden markenmäßigen Nutzung der abstrakten konturlosen Farbmarke;
  • Zusammenstellung weiterer Nachweise, dass es sich bei der Farbmarke tatsächlich um einen Hinweis auf die für die Marke eingetragenen Waren und Dienstleistungen des anmeldenden Unternehmens handelt.

Autorin: Viola Rust-Sorge (Hannover)

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