Deutschland: Lohnsteuer – aktuelle Entwicklung bei der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung nach Deutschland

Hintergrund
Bei der Zeitarbeit bzw. Arbeitnehmerüberlassung gelten besondere Regeln für Verleiher, Entleiher und Leiharbeitnehmer.

Gerade bei der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung sind die unterschiedlichen Vorschriften im Entsendeland, am Arbeitsort des Entleihers und möglicherweise noch in einem abweichenden Wohnsitzstaat des Leiharbeitnehmers entscheidend. In Deutschland gibt das Arbeitsnehmerüberlassungsgesetz den gesetzlichen Rahmen vor. Daneben sind die Bestimmungen des Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrechtes zu beachten. Vermehrt kommt es nunmehr zu Anfragen der deutschen Finanzverwaltung zur Prüfung der Lohnsteuerverpflichtung ausländischer Verleiher für ausländische Leiharbeitnehmer in Deutschland. Die Finanzverwaltung hat hierfür einen Fragenkatalog zur Prüfung der Lohnsteuerverpflichtung in Deutschland entwickelt.

Lohnsteuer
Nach dem deutschen Einkommensteuergesetz ist ein ausländischer Verleiher grundsätzlich verpflichtet, für die in Deutschland bei einem Entleiher gewerbsmäßig eingesetzten Leiharbeitnehmer, Lohnsteuer abzuführen. Der deutsche Lohnsteuerabzug als Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers erfolgt für in Deutschland steuerpflichtige Arbeitnehmer. Daher ist zu prüfen, ob diese Einkünfte nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der Besteuerung in Deutschland freigestellt sind. Welches Doppelbesteuerungsabkommen hierfür anzuwenden ist, bestimmt sich nicht nach dem Sitz des Betriebes des Verleihers, sondern jeweils nach der Ansässigkeit des Arbeitnehmers. Dies kann dazu führen, dass ein z.B. in Tschechien ansässiger Verleiher, der britische Arbeitnehmer nach Deutschland verleiht, die Lohnsteuerabzugsverpflichtung anhand deutsch-britischer Normen prüfen muss.

Freistellung nach DBA
In einer Vielzahl der Doppelbesteuerungsabkommen, so auch in dem OECD-Musterabkommen, ist das Besteuerungsrecht von Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit wie folgt geregelt:

Grundsätzlich fällt das Besteuerungsrecht von ausländischen Leiharbeitnehmern dem Tätigkeitsstaat zu. Das ist der Staat, in dem die Arbeitsleistung erbracht wird. Hiervon wird in den meisten Doppelbesteuerungsabkommen eine Ausnahme gemacht, wonach das Besteuerungsrecht an den Staat der Ansässigkeit der Arbeitnehmer zurückfällt.

Im Falle eines im Ausland ansässigen und vorübergehend in Deutschland tätigen Arbeitnehmers ist keine Lohnsteuer abzuführen, wenn

  • sich der Arbeitnehmer nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres in Deutschland aufhält und
  • die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in Deutschland ansässig ist und
  • die Vergütung nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen wird, die der Arbeitgeber in Deutschland hat.

Wirtschaftlicher Arbeitgeber
Im Rahmen der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung wird heftig diskutiert, wer wirtschaftlicher Arbeitgeber im Sinne der Doppelbesteuerungsabkommen ist, d.h. wer das Vergütungsrisiko wirtschaftlich trägt.

Hierzu stellte der Bundesfinanzgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 2002 klar, dass grundsätzlich der Verleiher als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen ist. Das bedeutet für einen ausländischen Verleiher ohne deutsche Betriebsstätte, der Arbeitnehmer nach Deutschland überlässt, dass diese bei einem Arbeitseinsatz von nicht über 183 Tagen in Deutschland von der Besteuerung freizustellen sind. Dies sieht die Finanzverwaltung anders. Sie geht davon aus, dass in der Regel der Entleiher als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen ist. Demnach bleibt das Besteuerungsrecht für die Einkünfte der Arbeitnehmer in Deutschland und es ist Lohnsteuer vom Verleiher abzuführen. Dies wurde in einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen aus November 2014 nochmals bestätigt. Es wurde hierzu ein Fragenkatalog aufgestellt, der im Einzelfall zur Klärung beitragen soll, wer der wirtschaftliche Arbeitgeber ist. Abgefragt werden u.a. Weisungsrechte des Entleihers/Verleihers, Tragung des Lohnkostenrisikos, Bestimmung von Qualifikation und konkretem Einsatz der Leiharbeitnehmer, usw. Auch wenn jeder Fall einzeln nach dem Fragenkatalog geprüft werden soll, ist in der Praxis davon auszugehen, dass im Regelfall die Finanzverwaltung den Entleiher als wirtschaftlichen Arbeitgeber ansehen wird.

Auch die Tendenzen in der Kommentarliteratur zum OECD-Musterabkommen gehen dahin, dass im Fall der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung das Besteuerungsrecht im Tätigkeitsland liegen soll. Zur Prüfung des Einzelfalls sind die jeweiligen Normen des anzuwendenden DBA entscheidend. Diese sind von Land zu Land unterschiedlich. Auch in diversen jüngeren Doppelbesteuerungsabkommen, wie z.B. zwischen Deutschland und Slowenien, wird ausdrücklich klargesellt, dass die oben dargestellte Ausnahmeregelung nicht für gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung gelten soll.

Demgegenüber hat Deutschland mit Österreich z.B. ein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, welches bei der Freistellung von ausländischem Arbeitslohn lediglich darauf abstellt, ob der Arbeitnehmer länger als 183 Tage in Deutschland gearbeitet hat.

Fazit
Auf Grund der aktuellen Prüfungspraxis der deutschen Finanzverwaltung empfiehlt es sich, bestehende Arbeitnehmerüberlassungssachverhalte hinsichtlich der Lohnsteuerverpflichtung zu überprüfen, zumal es in Deutschland weiterhin die Möglichkeit gibt, strafbefreiend Lohnsteuernachmeldungen vorzunehmen.

Bei neu abzuschließenden Arbeitnehmerüberlassungsverträgen sind die Vorgaben der deutschen Finanzverwaltung zu beachten.

Autorin: Anke Brinkhus (Hannover)