Deutschland: Neuregelung der Straf- und Bußgeldvorschriften im Außenwirtschaftsrecht

Hintergrund
Wenn Sie mit Ihrem Unternehmen mit dem Ausland Handel treiben, sind die Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetz (AWG) maßgeblich für den reibungslosen Ablauf ihrer Handelsgeschäfte. Allerdings haben die vielen Änderungen in den letzten Jahren bei Exporteuren eher zur Orientierungslosigkeit als zur Klarheit geführt. Zum 1. September 2013 wurde das AWG neu gefasst. Die Neuregelung der Straf- und Bußgeldvorschriften ist das Herzstück der AWG-Novelle. In den vergangenen Monaten sind gerade bei der neu eingeführten bußgeldbefreienden Selbstanzeige für fahrlässige Verstöße einige Fragen im Zusammenhang mit der praktischen Anwendung aufgeworfen worden. Zudem zeigt sich immer mehr, wie bedeutsam und notwendig ein funktionierendes Compliance Management System im Bereich des Zoll- und Außenwirtschaftsrecht ist.

Straf- und Bußgeldvorschriften
Die Strafbarkeit bei Verstößen gegen das Außenwirtschaftsrecht wird durch die aktuellen Änderungen nun stärker am Grad der Vorwerfbarkeit ausgerichtet. Der Gesetzgeber wollte reine Arbeitsfehler nicht mehr kriminalisieren und als Straftat behandeln.

Fahrlässige Verstöße gegen das Außenwirtschaftsrecht sind daher grundsätzlich nur noch als Ordnungswidrigkeit zu bewerten und mit einem Bußgeld zu bewähren. Eine Ausnahme gilt für fahrlässige Verstöße gegen bestehende Waffenembargos. Vorsätzliche Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz sind hingegen regelmäßig als Straftaten zu bewerten.

In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen reinem Arbeitsfehler und vorsätzlichem Verstoß mitunter schwierig. Die exportierenden Unternehmen sind aufgefordert, die Einhaltung der außenwirtschaftsrechtlichen Vorschriften noch sorgfältiger sicher zu stellen, um schwere Folgen für die verantwortlichen Personen im Unternehmen zu vermeiden. Im Zuge der Novellierung wurden die Strafrahmen teilweise erhöht. Insbesondere die Erhöhung der Mindeststrafe von bislang sechs Monaten auf nunmehr ein Jahr ist für die Betroffenen erheblich. Denn alle Straftatbestände, bei denen ein Gesetz eine Mindeststrafe von einem Jahr vorsieht, sind im Sinne der strafrechtlichen Terminologie kein Vergehen mehr, sondern ein Verbrechen.

Aber auch fahrlässige Verstöße sind nicht folgenlos. Der Rahmen für mögliche Bußgelder liegt bei bis zu EUR 500.000,00 für jeden einzelnen Verstoß. Zusätzlich kann je nach Einzelfall eine Gewinnabschöpfung verlangt werden. Des Weiteren kann das Fehlverhalten bei der Bewertung der Zuverlässigkeit des Unternehmens im Rahmen von Genehmigungs- und Bewilligungsverfahren negativ berücksichtigt werden.

Selbstanzeige
In der Praxis nehmen die verhängten Bußgelder gegen Unternehmen zum Teil existenzbedrohliche Ausmaße an. Die neu eingeführte bußgeldbefreiende Möglichkeit der Selbstanzeige kann ein wichtiges Mittel zur Verhinderung der Festsetzung einer Geldbuße sein. Demnach unterbleibt die Verfolgung als Ordnungswidrigkeit, wenn der fahrlässige Verstoß im Wege der Eigenkontrolle aufgedeckt und der zuständigen Behörde angezeigt wurde. Darüber hinaus müssen angemessene Maßnahmen zur Verhinderung eines Verstoßes aus gleichem Grund getroffen werden und die Anzeige muss freiwillig erfolgen. Voraussetzung hierfür ist, dass die zuständige Behörde hinsichtlich des Verstoßes noch keine Ermittlungen aufgenommen haben darf.

Ein Verstoß wurde im Wege der Eigenkontrolle aufgedeckt, wenn die Kenntnis über den Verstoß aus unternehmensinternen Quellen herrührt. Hierzu zählt insbesondere das eigene interne Kontrollsystem. Noch ungeklärt ist, ob eine Aufdeckung im Rahmen der Eigenkontrolle auch dann vorliegt, wenn der Hinweis auf den Verstoß durch externe Quellen erfolgt. Hier wird man differenzieren müssen: Sofern der Hinweis durch unternehmensfremde Personen erfolgt, die im Auftrag des Unternehmens handeln (z.B. Zollagenten, Spediteure, Wirtschafts- oder Rechtsberater), ist eine Selbstanzeige für zulässig zu erachten.

Zum einen entspricht auch in diesem Fall eine Anzeige dem Gesetzeszweck, dass die Unternehmen Verstöße von sich aus bei den Behörden melden und aufklären sollen. Zum anderen sollte eine Selbstanzeige nicht vom Umstand abhängig gemacht werden, wie das betroffene Unternehmen seine interne Compliance aufbaut, ob es also selbst regelmäßig die Verstöße überprüft oder Dritte damit beauftragt. Ein Verstoß wird allerdings nicht im Wege einer Eigenkontrolle aufgedeckt, wenn das Unternehmen durch einen behördlichen Hinweis oder Ermittlungsmaßnahmen auf den Verstoß aufmerksam gemacht wurde.

Des Weiteren müssen künftig angemessene Maßnahmen zur Verhinderung eines Verstoßes aus gleichem Grund getroffen werden. Hier stellt sich die Frage, welche Maßnahmen als angemessen angesehen werden können. Die zu treffenden Maßnahmen hängen von der Ursache des Verstoßes ab. Liegt diese in der mangelnden Kenntnis der Mitarbeiter von den einschlägigen rechtlichen Bestimmungen, so bieten sich Schulungen an, die im Rahmen von bestehenden Compliance-Maßnahmen entsprechend dokumentiert werden sollten. Haben sich unternehmensinterne Verfahrensanweisungen als unzureichend erwiesen, sind diese entsprechend zu überarbeiten. Sofern bestimmte Verstöße im Rahmen von bestehenden Compliance-Maßnahmen nicht oder nur zufällig aufgedeckt werden, müsste gegebenenfalls das System der betriebsinternen Compliance geändert werden. Wichtig ist, der Ursache des Verstoßes auf den Grund zu gehen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Anforderungen an ein Compliance-System
Wie konkret Compliance-Maßnahmen aussehen müssen, um fahrlässige Verstöße im Wege der Eigenkontrolle aufzudecken und zukünftig angemessen zu verhindern, ist abhängig vom Einzelfall. Dazu darf auf den vorstehenden Beitrag zum Thema „Stresstest für Compliance Programme“ verwiesen werden. Im Rahmen eines Urteils des Landgerichts München I vom 10.12.2013 (5 HKO 1387/10) konkretisiert das Gericht beispielhaft die Pflichten des Vorstands einer großen Aktiengesellschaft in Bezug auf die Einrichtung einer auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegten Compliance-Organisation.

Fazit
Hintergrund für die neu geschaffene Möglichkeit der Selbstanzeige ist, die Unternehmen stärker als bisher zu motivieren, ihre interne Überwachung zu verbessern und Arbeitsfehler bei den Zollbehörden zu melden.
Aus diesem Grund sollten Sie sich rechtzeitig über die Änderung, insbesondere über die Möglichkeit der bußgeldbefreienden Selbstanzeige informieren. Es empfiehlt sich, unternehmensinterne Compliance-Systeme dahingehend zu überprüfen, inwieweit die unternehmensseitige Eigenkontrolle ausreicht, einen Verstoß gegen das AWG zu erkennen und in den Genuss einer bußgeldbefreienden Selbstanzeige zu kommen.

Autorin: Anke Brinkhus (Hannover)