Deutschland: Jahresfrist ist laut BGH zur Abrechnung von Nebenkosten bei gewerblichem Mietverhältnis nicht anwendbar

Mit seiner Entscheidung vom 27. Januar 2010, Az.: XII ZR 22/07, hat der Bundesgerichtshof nunmehr klargestellt, dass die Jahresfrist zur Abrechnung von Nebenkosten gemäß § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB auf Gewerberaummietverhältnisse nicht anwendbar ist.

Mit seiner Entscheidung vom 27. Januar 2010, Az.: XII ZR 22/07, hat der Bundesgerichtshof nunmehr klargestellt, dass die Jahresfrist zur Abrechnung von Nebenkosten gemäß § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB auf Gewerberaummietverhältnisse nicht anwendbar ist und der Gewerberaumvermieter dementsprechend zwar zur Abrechnung binnen angemessener Frist verpflichtet sei, mit seinen Nachforderungsansprüchen rückständiger Betriebs-kosten aber nicht nach Ablauf der Jahresfrist ausgeschlossen ist.

Im zu entscheidenden Fall hatten die Kläger rückständige Nebenkosten für mehrere Jahre geltend gemacht. Die Beklagte lehnte deren Zahlung ab. Das Landgericht gab der Klage statt, die hiergegen eingelegte Berufung blieb erfolglos. Auch die Revision zum Bundes-gerichtshof hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob die Vorschrift des § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB, die grundsätzlich für das Wohnraummietrecht gilt, auch auf die Gewerberaummiete anwendbar ist. Hiernach ist über die Voraus-zahlungen für Betriebskosten jährlich abzurechnen und dem Mieter die Abrechnung spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Eine direkte Anwendung der Norm scheidet mangels des aus-drücklichen Verweises in § 578 BGB auf § 556 BGB aus. Zu entscheiden war daher, ob eine analoge Anwendung der Vorschrift in Betracht kommt.

Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil nunmehr klargestellt, dass die Vorschrift des § 556 Absatz 3 BGB auf die Geschäftsraummiete nicht anwendbar ist und auch eine analoge Anwendung auf die Geschäftsraummiete ausscheidet. Voraussetzung für eine Analogie sei, dass das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Ab-wägungsergebnis gekommen. Es fehlt jedoch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs an einer planwidrigen Regelungslücke. Mit dem am 1. September 2001 in Kraft getretenen Mietrechtsreformgesetz hat der Gesetzgeber die bis dahin nur für öffentlich geförderte preisgebundene Wohnungen als Ausschlussfrist gestaltete Abrechnungsfrist für die Betriebskosten in § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB auch für frei finanzierte Wohnungen übernommen. In § 578 BGB ist die Vorschrift des § 556 BGB nicht genannt. Auch gäbe es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber es versehentlich unterlassen hat, in § 578 BGB darauf zu verweisen. Durch die gezielte Auswahl der auf die Geschäftsraum-miete anwendbaren Vorschriften in § 578 BGB hat der Gesetzgeber deutlich zum Aus-druck gebracht, dass § 556 BGB für die Geschäftsraummiete nicht gelten soll. Über die-sen gesetzgeberischen Willen kann nicht im Wege der Analogie hinweggegangen werden. Diese Entscheidung wurde jüngst mit dem Urteil des Senats vom 17. November 2010 - Az.: XII ZR 124/09 - nochmals bestätigt.

Der Bundesgerichtshof führt in seiner weiteren Begründung aus, dass der Vermieter von Geschäftsräumen ebenso wie der Vermieter von Wohnräumen verpflichtet ist, binnen angemessener Frist eine Abrechnung über die Nebenkosten zu erteilen. Dabei sei davon auszugehen, dass mangels abweichender Vereinbarung auch bei der Geschäftsraummiete eine Abrechnung mit Ablauf des 12. Monats nach dem Ende des Abrechnungszeitraumes zu erfolgen hat. Daraus folge allerdings zunächst nur, dass der Mieter ab diesem Zeitpunkt den Vermieter auf Erteilung der Nebenkostenabrechnung in Anspruch nehmen kann und keine weiteren Vorauszahlungen auf die Nebenkosten mehr erbringen muss. Ein Ausschluss mit Nachforderungen, wie er für die Wohnraummiete gilt, ist damit jedoch nicht verbunden.