Haftungsprivilegierung von Geschäftsleitern und Lockerung der Insolvenzanfechtung

I. COVID-19-Gesetzespaket
Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen einer COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vorgelegt. Die Verabschiedung des Gesetzes ist am 27.03.2020 erfolgt.

II. Beschränkung der Haftung von Geschäftsleitern
Einen wesentlichen Kernpunkt des Gesetzespakets stellt das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz dar. Da in § 1 COVInsAG die im Falle von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bestehende Insolvenzantragspflicht der Geschäftsleiter von juristischen Personen unter bestimmten Voraussetzungen einstweilen bis zum 30.09.2020 ausgesetzt wird, ist in § 2 I Nr. 1 COVInsAG eine Haftungsprivilegierung der Geschäftsleiter für Zahlungen vorgesehen, die nach Eintritt der Insolvenzreife erfolgen. Hintergrund ist, dass die Geschäftsleiter von juristischen Personen bei einer späteren Insolvenz des Unternehmens von Seiten des Insolvenzverwalters persönlich auf Erstattung von Zahlungen in Anspruch genommen werden können, die von der Gesellschaft nach eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung geleistet wurden. In der Praxis sind hiervon vor allem die Geschäftsführer einer GmbH und die Vorstandsmitglieder einer AG betroffen (vgl. § 64 GmbHG und § 92 II AktG). Diese strenge Organhaftung wird nunmehr vom Gesetzgeber für den Zeitraum der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht eingeschränkt. Nach § 2 I Nr. 1 COVInsAG gelten Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar, so dass nach den einschlägigen Regelungen eine Organhaftung ausgeschlossen ist.

III. Einschränkung der Insolvenzanfechtung
Zudem wird auch die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung für den Zeitraum der Aussetzung der Insolvenzantragsplicht erheblich eingeschränkt. Relevant wird dies, wenn es später doch zu einer Insolvenzeröffnung kommt. Zum einen wird nach der Gewährung von neuen Darlehen privilegiert. Wenn etwa eine Bank einen neuen Kredit gewährt, gelten alle Zins- und Tilgungsleistungen, die bis zum 30.09.2023 erfolgen, sowie eine Besicherung des Kredits im Aussetzungszeitraum, als nicht gläubigerbenachteiligend, so dass eine Anfechtung durch einen späteren Insolvenzverwalter ausscheidet. Dies gilt auch für die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens. Indes bleibt eine Besicherung des Gesellschafterdarlehens durch zur Gesellschaft gehörende Vermögensgegenstände anfechtbar. Ferner wird für Forderungen auf Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen der Nachrang des § 39 I Nr. 5 InsO abgeschafft, sofern der Insolvenzantrag bis zum 30.09.2023 erfolgt. Auf diese Weise werden diese Ansprüche in den Rang des § 38 InsO heraufgestuft. So sollen die Gesellschafter motiviert werden, der Gesellschaft neues Geld zur Verfügung zu stellen. Schließlich wird die Insolvenzanfechtung auch bei sonstigen Verträgen nach § 2 I Nr. 4 COVInsAG weitgehend ausgeschlossen, wenn es sich um eine kongruente Deckung handelt.

Stand: 01.04.2020
Wir weisen darauf hin, dass sich aufgrund der gegenwärtigen Dynamik die Rechtslage jederzeit ändern kann. Auf Rückfrage können wir Ihnen gerne den dann aktuellen Sachstand erläutern.

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Dr. David Kluth
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